(Letzte Aktualisierung: 11.06.2024)
Erster Hauptteil: Aufbau und Aufgaben des Staates
8. Abschnitt: Die Rechtspflege
Erläuterungen zu Art. BV von Rechtsanwalt Thomas Hummel
Art. 84
Die allgemein anerkannten Grundsätze des Völkerrechts gelten als Bestandteil des einheimischen Rechts.
Erläuterungen zu Art. 84 BV von Rechtsanwalt Thomas Hummel
Das allgemein anerkannte Völkerrecht (sog. Völkergewohnheitsrecht) gilt in Bayern als Landesrecht.
Art. 85
Die Richter sind nur dem Gesetz unterworfen.
Erläuterungen zu Art. 85 BV von Rechtsanwalt Thomas Hummel
Richter müssen sich an das Gesetz (gemeint sind damit alle verfassungskonformen Rechtsnormen einschließlich der Verfassung selbst) halten. Sie sind aber „nur“ dem Gesetz unterworfen, also ansonsten unabhängig.
Art. 86
(1) Ausnahmegerichte sind unstatthaft. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.
(2) Gerichte für besondere Sachgebiete sind nur kraft gesetzlicher Bestimmung zulässig.
Erläuterungen zu Art. 86 BV von Rechtsanwalt Thomas Hummel
Anspruch auf den gesetzlichen Richter.
Art. 87
(1) Die Richter können gegen ihren Willen nur kraft richterlicher Entscheidung und nur aus Gründen und unter den Formen, die gesetzlich bestimmt sind, dauernd oder zeitweise ihres Amtes enthoben oder an eine andere Stelle oder in den Ruhestand versetzt werden. Die gesetzliche Bestimmung einer Altersgrenze ist zulässig.
(2) Die Richter der ordentlichen Gerichtsbarkeit werden auf Lebenszeit ernannt.
Erläuterungen zu Art. 87 BV von Rechtsanwalt Thomas Hummel
Weitere Vorschriften, die die Unabhängigkeit der Richter sicherstellen sollen. Insbesondere dürfen sie nicht einfach entlassen werden.
Art. 88
An der Rechtspflege sollen Männer und Frauen aus dem Volke mitwirken. Ihre Zuziehung und die Art ihrer Auswahl wird durch Gesetz geregelt.
Erläuterungen zu Art. 88 BV von Rechtsanwalt Thomas Hummel
Art. 88 erwähnt die Schöffengerichte, die bei Inkrafttreten der Verfassung bereits bestanden. Die genaue Ausgestaltung der Beteiligung von Schöffen obliegt aber den Gesetzen, also dem Prozessrecht.
Art. 89
Die öffentlichen Ankläger vor den Strafgerichten sind an die Weisungen ihrer vorgesetzten Behörde gebunden.
Erläuterungen zu Art. 89 BV von Rechtsanwalt Thomas Hummel
Die Staatsanwälte sind – im Gegensatz zu Richtern – nicht unabhängig, sondern als Beamte weisungsgebunden. Die Regelung entspricht § 146 GVG.
Art. 90
Die Verhandlungen vor allen Gerichten sind öffentlich. Bei Gefährdung der Staatssicherheit oder der öffentlichen Sittlichkeit kann die Öffentlichkeit durch Gerichtsbeschluß ausgeschlossen werden.
Erläuterungen zu Art. 90 BV von Rechtsanwalt Thomas Hummel
Nach Art. 90 BV sind alle Gerichtsverhandlungen öffentlich, Ausnahmen können nur durch Beschluss des Gerichts, also für den Einzelfall angeordnet werden. Das deutsche Prozessrecht sieht aber sehr viele weitere Fälle vor, in denen ein Prozess nichtöffentlich ist, teils durch gesetzliche Anordnung (z.B. im Familienrecht oder in Jugendstrafsachen), teils durch Gerichtsbeschluss.
Art. 91
(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.
(2) Jeder wegen einer strafbaren Handlung Angeklagte kann sich eines Verteidigers bedienen.
Erläuterungen zu Art. 91 BV von Rechtsanwalt Thomas Hummel
Art. 91 Abs. 1 BV normiert das Recht auf rechtliches Gehör, vgl. Art. 103 Abs. 1 GG.
Art. 91 Abs. 2 BV erlaubt es jedem Angeklagten, sich in einem Strafverfahren einen Verteidiger zu nehmen. Dies bedeutet aber nicht, dass der Staat einen Verteidiger stellen und die Kosten übernehmen müsste.
Art. 92
Hält der Richter ein Gesetz für verfassungswidrig, so hat er die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs herbeizuführen.
Erläuterungen zu Art. 92 BV von Rechtsanwalt Thomas Hummel
Ist ein Gericht der Meinung, dass ein Gesetz gegen die Verfassung verstößt, muss er ein sogenanntes konkretes Normenkontrollverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof herbeiführen.
Art. 93
Verwaltungsrechtliche Streitigkeiten entscheiden die Verwaltungsgerichte.
Erläuterungen zu Art. 93 BV von Rechtsanwalt Thomas Hummel
Einführung und Absicherung von Verwaltungsgerichten zur Kontrolle der Verwaltung.